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KULTURTODATE

Das Buchquartier – Eine Bühne für die Kleinen

Erstmals verwandeln sich die Räumlichkeiten der Arena21 im Wiener MuseumsQuartier zur Bühne für unabhängige und kleine Verlage. Bei freiem Eintritt wartet ein buntes Programm. Auch Oscar-Preisträger Michael Haneke lädt zur Signierstunde seines Buchs „Haneke über Haneke“.

Endlich ist es soweit. Erstmals findet das Buchquartier in Wien statt, eine länderübergreifende Buchmesse für in kleinen Verlagen erschienene Werke. In der Arena21 geben sich über 30 Aussteller aus Deutschland, Österreich und der Schweiz ihr Stelldichein. Auf der Lesebühne finden Lesungen, Präsentationen, Diskussionen und Show statt. Eine bunte Bühne für etwas Einzigartiges. „Das Besondere am Buchquartier ist, dass dabei Verlage im Mittelpunkt stehen, die auf den großen Buchmessen oft nur am Rande wahrgenommen werden, weil dort die Verlage mit dem größten Budget die größten Ausstellungsflächen haben“, erklärt Geschäftsführer und Organisator Clemens Ettenauer und er ist überzeugt: „Kleine Verlage haben sich auf jeden Fall eine Plattform verdient, weil sie offen für ungewöhnliche Ideen sind und deshalb die interessanteren Bücher publizieren.“ Ähnlich sieht es Robert Sommer, Mitbegründer und Redakteur vom Augustin, der ersten und renommiertesten Österreichische Boulevardzeitung: „Das Besondere ist die politische Botschaft, dass die Kleinen konzertierte Aktionen brauchen, um nicht von den Großen zu einem historischen Ereignis gestempelt werden. Außerdem: Die Leserinnen und Leser guter Bücher und die SchreiberInnen und VerlegerInnen guter Bücher brauchen ihren Kirtag. Kirtage für Nichtlesende gibt es zuhauf.“ Bunt wie ein Kirtag gestaltet sich auch das Programm. Unter den ersten ist der Wiener Autor Harald Havas, der überdies als Gelegenheitszeichner, Vortragender, Moderator, Übersetzer, Ausstellungsmacher und Mitglied zur Vergabe des Max-und-Moritz-Preises auf dem Comic-Salon Erlangen unterwegs ist. Er stellt sein im Wiener Metroverlag erschienenes Buch „Der Mann, der den Neusiedlersee trocken legen wollte“ vor. Ein Sammelsurium von kuriosen Österreichern, seltsamen Querköpfen und verhaltensoriginellen Sonderlingen, das zum Staunen wie zum Schmunzeln einlädt. Der aus Tirol stammende Denkmalpfleger HR Dr. Andreas Lehne, Leiter der Abteilung für Inventarisation und Denkmalfroschung des Bundesdenkmalamtes in Wien, wirft in seiner Publikation „Wie kommt der Hirsch aufs Dach?“ einen bisher unbeachteten Blick auf das Wiener Stadtbild. Neben einem Ausflug in die Welt der Magie mit dem mehrfach prämierten niederösterreichischen Zauberkünstler Thomas Höschele alias Thommy Ten ist auch das Fremdsein ein Thema. Der in Bludenz geborene Künstler Hasan Ali Ider, mit türkisch-kurdischen Wurzeln, liest aus seinem im Wiener PROverbis-Verlag erschienenen Debut-Roman „Djihad für Lila“, in dem er u.a. ungeschönten Rassenhass und die ausländerfeindlichen Botschaften im Wiener Wahlkampf thematisiert. Ein Gebiet, das auch die aus Oberösterreich kommende Autorin, bildende Künstlerin Beatrix Kramlovsky beschäftigt. „Die Erde trägt ein Kleid aus Worten“ ist im Europa Verlag erschienen und sie liest daraus. „Ich habe mich immer für Ausgrenzung interessiert, als ich dann von 1987 bis 1991 in Ostberlin lebte, wurde das Thema persönlich. Später habe ich in vielen Ländern und fremden Kulturen immer wieder zu diesem Thema gearbeitet, Erfahrungen gemacht und mit Einheimischen gesprochen. Heimat ist für mich nicht unbedingt ein geografischer Ort, sondern sind Menschen, die mir besonders vertraut sind“, so die Autorin. Für sie ist das Fremde nicht allein etwas exotisch Fernes: „Fremdheit gibt es auch rund um uns herum. Sich Fremdheit jedoch vertraut zu machen und sich dafür zu öffnen, heißt, sich mit den eigenen Vorurteilen auseinander zu setzen und viel zu lernen. Es ist immer ein Gewinn.“ Vom Buchquartier erhofft sie sich, dass damit „die Lesefaulheit der Österreicher“ bekämpft wird. Beim Schreiben sich selbst auf der Spur ist Ö1-Kulturredakteur Peter Zimmermann, der aus seinem im Berliner secession-Verlag herausgekommenen Roman „Stille“ liest. „Den Leser erwartet keine Anleitung, wie man sein Leben ruhiger gestalten kann. Die Stille ist ja eigentlich etwas Erschreckendes, weil ihr die vier Protagonisten völlig unvermutet ausgesetzt sind. Es geht zwar um die Sehnsucht, Gewohnheiten hinter sich zu lassen und das bisherige Leben von sich abzustreifen, es geht aber auch um die plötzliche Geworfenheit in die Einsamkeit. Und zwar unter Umständen, die man eigentlich nicht geplant hat. Plötzlich ist Stille, doch eine Erlösung ist das nicht.“ Das Sahnehäubchen ist der Besuch vom vielfach ausgezeichneten, international angesehenen Wiener Filmemacher Michael Haneke, der sein Buch „Haneke über Haneke“, im Berliner Alexander Verlag publiziert, signiert. Wenn auch Batya Horn vom Wiener Kunstverlag Edition Splitter, der sehr viel Wert auf Ästhetik und Inhalt legt, etwas skeptisch ist – „Man darf nicht vergessen, dass ein Wochenende gewählt wurde, wo sich vielleicht viele einen Wochenendurlaub genehmigen“ – schätzt Erich Liaunigg, der mit seinem Wiener Verlag ebenfalls vertreten ist, die kommunikative Kernphilosphie der Veranstaltung: „Es ist eine Publikumsmesse. Nicht der Lizenzverkauf steht im Mittelpunkt, sondern der Leser, der unmittelbar mit den Autoren und Verlegern in Kontakt kommen kann.“ Und das bei freiem Eintritt.

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