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KULTURTODATE

Filmnotiz Good (2008)

Etwas verunsichert fährt der  Literaturprofessor Dr. Johann Halder vor die riesenhaften Hallen der aufstrebenden Partei. Was hat das zu bedeuten? Nie hatte er damit zu tun. Etwas mulmig ist ihm, als er sich zwischen den übermannshohen Tempelsäulen anhören muss, dass der Führer in personam seinen Roman schätzt, in dem er an einem Thema streift, das er nun wissenschaftlich fundiert darlegen soll: aktive Sterbehilfe. Für die Partei. „Ohne die Partei wirst du keinen Erfolg haben“, liegt ihm der Schwiegervater in den Ohren, der Mitglied ist. Wie ein dunkler Schatten kreist es über Halders Gewissen, der in seiner eigenen, kleinen Welt mit überforderter Ehefrau, lebendigen Kindern und einer pflegebedürftigen Mutter den Horizont aus den Augen verliert. Er bagatellisiert die berechtigten Zukunftsängste seines jüdischen Freundes Maurice – wir kennen das: So schlimm wird’s schon nicht werden. Ehe er sich versieht, findet er sich in der Partei, auf hoher Stufe der Karriereleiter, in den liebenden Armen einer ehemaligen Studentin, deren Anhimmeln ihn dem einengenden Moloch zu entreißen scheint. Zu spät erkennt er, dass es mehr ist, als ein Alptraum. Stets begleitet von Gustav Mahlers paradoxem “Rheinlegendchen”, das der Komponist aus dem Knaben Wunderhorn zusammenstoppelt (“Ich liebe dieses Lied”) und schließlich einem Trauermarsch, erkennt er – in der Uniform des Bösen – auf der Suche nach seinem im stacheldrahtumzäunten, von schwarzen Wolken übertünchten Staub verlorengeglaubten Freund – dass es mehr, dass es wahr ist, was geschieht. Dass Mensch im Grauen weniger wird als ein Element. Ein sehr beklemmender und berührender Film, der – wenn er auch nicht ganz ohne Allgemeinplätze auskommt – von einer fesselnden Dramaturgie, einem überzeugenden Viggo Mortensen in der Hauptrolle und der zeitlosen Tatsache lebt, dass man von Ideologien leichter eingenommen werden kann, als man sie dann wieder loswird. Dass der Grat zwischen Gut – dem Glauben davon, was gut ist (“Good”) und Böse – der Naivität, dass man von ihr ohnehin nicht genommen werden könne – ein erschreckend schmaler ist   und das Erwachen aus der Blindheit diabolisch gegen die Zeit läuft. Kurzum: Sehenswert.

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