Österreich. Ein Land der Erfinder. Heutzutage gehen im Österreichischen Patentamt jährlich etwa 14.000 Anmeldungen jährlich ein. Doch länger schon beeinflusst österreichischer Innovationsgeist die Welt. Das 19. Jahrhundert, Ära eines enormen technischen wie industriellen Aufschwungs, beflügelte Ideen geschickter Erfinder. Sie wussten den modernen Wind zu nutzen, um Neues zu erdenken, die Lebensumstände der Menschen zu verbessern und dabei bestenfalls auch Geld zu verdienen.
Einer von ihnen war Anton Dreher (1810-1863), wohlhabender Begründer einer langwirkenden Braudynastie. Sein Wiener Lager ist ein Bier mit Geschichte. Um 1840 wurde es in der Schwechater Brauerei als erstes helles untergäriges Bier gebraut. Er bediente sich auch der Dampfmaschine des niederösterreichischen Metall- und Maschinenwarenfabrikanten Vinzenz Prick für die Herstellung seines Getränks.Außerdem nutzte er die Kühlmaschine des deutschen Ingenieurs Carl von Linde (1842-1934) für den Gärungsprozess. Er baute sich in Wien und Umgebung ein regelrechtes Bierimperium auf und bewohnte in der Nähe der Staatsoper ein opulentes Palais, in dem selbst der Kaiser erschien.
Ungefähr zur selben Zeit ließ Jacob Christoph Rad (1799-1871) seine Erfindung zur Herstellung des Würfelzuckers patentieren, bald schon erfolgreich in den Wiener Kaffeehäusern vermarktet. Es wird erzählt, er wäre dazu von seiner Frau angeregt worden, die sich beim unhandlichen Hantieren mit dem Zuckerhut, wie er bis dato in Haushalten üblich war, verletzt hatte.
Besonderes gelang dem Wiener Großindustriellen Friedrich Albert Sarg (1804-1876) mit Kalodont, der weltweit ersten Tuben-Zahncreme, für die sogar Sarah Bernhardt in Paris warb. Die Tube machte Mundhygiene sozusagen salonfähig und leichter aufbewahr- und transportierbar. Heute basieren noch zahlreiche Zahnpastanamen auf Sargs Benennung, die soviel wie „schöne Zähne“ heißt.
Wie viele andere Erfindungen verdankt auch jene des Chirurgieinstrumentenmachers Erwin Perzy (1876-1960) ihre Entstehung einem Zufall. Eigentlich wollte er mithilfe der Materialbrechungen die Beleuchtung für Operationssäle optimieren. Stattdessen ließ er sich schließlich die „Glaskugel mit Schneeeffekt“ patentieren. Anfangs beinhalteten die Glaskugeln nur Kirchenmotive, doch dann inspirierten Erwin Perzy die in Wien stationierten Amerikaner dazu, auch andere Motive zu integrieren. Die Original Wiener Schneekugel ist mittlerweile sowohl beliebtes Sammlerstück und manchmal auch kultiges Requisit in Film und Fernsehen.
Und der Nationalökonom Emanuel Herrmann (1839-1902) hatte mit der Postkarte ein massentaugliches sowie preiswertes Kommunikationsmittel erdacht. Der gebürtige Klagenfurter, der sich Schloss Seefels am Wörthersee erbaute, führte diese „Correspondenz-Karte“ 1869 in Österreich ein.Von hier aus fand sie ihren Weg in die ganze Welt. Herrmann wurde durch diese Erfindung ein bekannter Mann. Selbst auf seinem Grabstein, am Meidlinger Friedhof, wird an ihn als „Erfinder der Postkarte“ erinnert.
1899 wurde schließlich das Österreichische Patentamt gegründet, das vornehmlich für Patente und Schutzzertifikatsanmeldungen zuständig ist: Zum Schutz des gewerblichen Eigentums und die internationale Registrierung von Fabriks- und Handelsmarken. Die Entwicklung des Patentwesens erfolgte aus dem sogenannten Privilegienwesen, das auf kaiserlichen Verleihungen beruhte.
Die neue Dokumentation von Papke Film begibt sich auf die Spur dieser originellen Einfälle, die bis heute Bestand haben und unvergessen sind, weil sie das Leben ein bisschen lebenswerter mach(t)en.
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