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Drehnotizen

Ein sehr spannendes Thema haben wir für unsere neue Fernsehdokumentation gewählt. Betagte Jubiläen treten in großen und tiefen Spuren voran. Wir versuchen hinterherzukommen dem fünfhunderjährigen Riesen “Reformation”. Zwischen 1517 und 2017 ist’s ein kaum erreichbarer Satz. Unfassbar. Dabei interessiert uns nicht so sehr das Augustinerflaggschiff, wenngleich es auch einen Playmobilluther gibt, der stolz seine Bibelübersetzung zeigt. Vor allem die Untiefen der Spannungen und die schönen Reste der Denkmäler dieser Zeit in Österreich haben wir im Visier. Auch die Reformationsstädte Villach, Klagenfurt, Steyr, Graz und Wien besuchen wir. Krallen auf Ruinen, steigen in versteckte, geheime Räume und filmen hohe Kirchtürme, die heute noch der Zeit trotzen.  Mit entsprechender Motivation geht man heran, was Weltgeschehen ist; was nachhaltig eingegrifffen hat in Bildung und Gesellschaftsbewusstsein. 

Wie ein Zimmermann, Maser an Maser, setzt man den Drehplan. Wir sind nicht nur Budgetschotten. Das Bestmögliche holen wir aus jedem Körnchen. Selbst, wenn Musikexperten kurzfristig erkranken, sich Direktoren beim Willkommenheißen aus ihren Büros aussperren und beim Interview so tun, als gäbe es keinen Dachwind. In der Not beißt man die Zähne zusammen. Die größte Erkenntnis: Ein Honigbrot beruhigt tatsächlich die Nerven vor Telefonaten mit verklemmten Gusherren und danach kommt die erleichternde Erkenntnis: Wenig gibt es, das uns nicht gelingt. Hurra! Selbst, wenn es heißt, alles noch einmal umzuschmeißen. “Der Kameramann hat bei der Fahrt nach Wien das Drehtourauto geschrottet.” “Ist er verletzt?” “Nein, aber wir brauchen einen fixen Mechaniker oder ein Leihauto.” Wenige Tage darauf: “Er hat sich das Knie gebrochen. Wir brauchen jemanden für die Kamera.” Der Desillusion folgt die Erkenntnis: Man sollte öfters picknicken gehen. Das blonde Mädchen auf der Decke daneben lächelt herüber: “Mein Cousin ist recht fix an der Kamera.” Hurra! 

Wien und Oberösterreich sind erfolgreich im Kasten. Nun folgen Steiermark und Kärnten. Und ich warte ungeduldig auf den Rückruf eines Burgherren, der auf einmal wieder Allmacht darüber hat, ob wir unseren Film inhaltlich schmackhafter machen können und ob wir noch eines der raren Quartiere in der Gegend ergattern können. Hoffnungsvoll schlürfe ich die Kaffeetasse leer. Ein bisschen Daumenhalten kann nicht schaden. Und Film ab! 

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